Ein Repertoire am Rande der Wahrnehmung
Es ist immer wieder spannend zu erfahren – gleichzeitig aber schwer vorstellbar, dass in der Schnittstelle von Klassik und Romantik so viele Komponisten am Produzieren waren, die zu Lebzeiten grosse Erfolge genossen und über den gesamten Kontinent Anerkennung und Reputation erfahren haben – während ihre Namen uns heute kaum noch etwas sagen. Wenn man beispielsweise bedenkt, dass die Bedeutung von Anton Eberl (1765 – 1807) in einer zeitgenössischen Besprechung der von Beethoven gleichgestellt wurde oder er teilweise sogar “besser” weg kam, wird man doch neugierig – und freut sich, eine Gelegenheit zu haben, etwas von diesem wenig bekannten Meister kennen zu lernen.
Zu diesem Kontext – also, Werke von Komponisten, die im Schatten Beethovens (vor allem aus unserer heutigen Warte betrachtet) gewirkt haben, zählt auch das Werk von Jan Ladislaus Dussek (1760 – 1812). Von Eberl und Dussek liegen Konzerte für zwei Klavieren und Orchester vor, die beiden nun mit dem Duo, dem HR Symphonie Orchester unter der Leitung von Reinhard Goebel für Sony eingespielt worden sind. Beide Kompositionen haben einen individuellen Charakter, sie sind pianistisch phantasievoll, entwickeln einen unwiderstehlichen Klangzauber, und man spürt regelrecht, dass beide Tonsetzer die rasante Verwandlung des Klaviers in der damaligen Zeit mit Begeisterung und Inspiration verfolgt haben.
Auf der CD sind noch zwei weitere Kompositionen für Orchester zu finden: „ La Follia di Spagna“ komponiert von Josef von Eybler (1765 – 1846) und vom Beethoven selbst ein Gratulations-Menuett aus dem Jahr 1822.
Für uns, denen solche Persönlichkeiten – Beethoven natürlich ausgenommen – höchstens als Namen, mit spärlichen Klangvorstellungen unterfüttert, bekannt sind, gleichen sie sich ziemlich untereinander. Studiert man aber ihre Lebenswege, sieht man doch, wie unterschiedlich ihre Biografien waren. Für diejenigen, die etwas Zeit haben, wäre etwa das Leben des J. L. Dussek ein Tipp für Nachforschungen: Ein wahrer Lebemann! Im Vergleich dazu sind die Eckdaten eines Carl Czerny, dessen Bedeutung für die Kultur des Klavierspiels unvergleichlich grösser war, ja geradezu eine Pionier-Funktion hatte, eher recht „grau“ und uninteressant. Nach außen geradezu ein „Biedermann“…