Im Studio: 1923

Im Studio: 1923

In ihrem neuen Projekt widmet sich Yaara Kompositionen zu, die im 1923 entstanden sind.

Politisch, gesellschaftlich und ökonomisch war das Jahr höchst komplex: Einerseits formten die Folgen des 1. Weltkriegs eine instabile und bedrohliche Situation, gleichzeitig aber braute sich bereits der Schatten des 2. Weltkriegs über Europa zusammen. Die aus der Zeit stammenden „klassischen“ Musik scheint von alledem wenig berührt gewesen zu sein, und weist eine vielfalt an Stile und Prägungen an. Nichtzuletzt gelang es dem  12-Ton System in Wien der Durchbruch, der eine bedeutende Wendung der Musik-Geschichte markiert.

Das Programm ist eine bunte, aufregende Auswahl von Werken der Komponisten Delius, Achron, Bloch, Hauer, Schönberg, Eisler, Klein, Janáček, Mompou, Tansman und Jaques-Dalcroze. Das Werk vom F.H.Klein ist für Klavier zu 4 Händen, und natürlich war Andreas mit der Partie.

Das Repertoire wurde für eine CD Produziert (Veröffenlchung bei Sony Claasical am 25.8.2023).Die Aufnahme fand in 2 Sizungen im Laufe des April 2023 im Studio 2 des Bayerischen Rundfunks.

Tonmeister: Ephraim Hahn und Jörg Moser.
Etwas von der Atmosphäre im Studio hat unser Fotograf Gustav Eckart mit seiner Kamera gefangen:

Fotos: Gustav Eckart

„GROSSE FUGE“

„GROSSE FUGE“

Beethoven’s „Grosse Fuge“, ein der bahnbrechenden Werke aller Zeiten, ist bekannt als eine Komposition für ein Streichquartett. Dass der Meister selber von diesem avantgardistischen Werk auch eine Version für Klavier zu vier Händen verfasste, ist in Relation dazu so gut wie unbekannt.

Im Jahr 2005 gelang diese Fassung zeitweise ins Zentrum der geneigten Wahrnehmung, als das bis dahin als verschollen geltende Autograph per Zufall in einem Bibliothek in Pennsylvania aufgetaucht ist. Im Zuge der Entdeckung des Manuskripts hat das G. Henle Verlag eine revidierte Edition des Werkes veröffentlicht, versehen mit Fingersätzen von Andreas Groethuysen.

Das Duo hat sich mit diesem einzigartigen Werk seit längerem immer wieder befasst, und so lag es nah, dass es die Idee hegte die „Grosse Fuge“ in einem Konzert aufzuführen in dem auch die Quartettfassung erklingt.

Diese Idee wird im Februar 2013 Realität: Das Artemis Quartett, also das crème de la crème aller Quartette, konnte für das Projekt gewonnen werden! Das Konzertprogramm beinhaltet nebst beiden Versionen der „Grossen Fuge“ auch zwei Kompositionen von Mendelssohn. Der Kammermusik-Abend findet eine glanzvolle Abrundung, wenn das Quartett gemeinsam mit dem Duo das Oktett op. 20 von Mendelssohn, in einer ungewöhnlichen Transkription von C. Burchardt, ausführt.

Sieben Letzte Worte

Sieben Letzte Worte

Yaara Tal mit Christian Meyer, dem Direktor des Schönberg-Center.

In den letzten Oktober-Tagen 2013 habe ich eine Solo-CD aufgenommen. Im Mittelpunkt stand Haydns Passionsmusik „Die letzten sieben Worte unseres Erlösers am Kreuze“. Das Werk, ursprünglich für Orchester komponiert, gehört in der Version für Streichquartett zum Kernrepertoire dieser Gattung. Dass es auch eine Fassung für ein Tasteninstrument gibt, ist weniger bekannt. Als der Henle Verlag vor einigen Jahren das Werk zum ersten Mal in einer verlässlichen Edition vorlegte, reizte es mich, diese Meditation einmal auf dem Klavier zum Erklingen zu bringen.

Über meine Beziehung zum Werk und über das CD-Konzept habe ich die beigefügte Abhandlung verfasst.

Yaara Tal

Diese CD erschien am 5.9. 2014

Arnold Schönberg Center
Yaara spielte ihr Programm „Sieben letzte Worte“ im Arnold Schönberg Center in Wien am 24.3.2015

Sieben Letzte Worte
Yaara Tal with the gracious sponsor of the concert, Gabriele Forberg (Forberg-Schneider Foundation).
1915

1915

Der Komponist Reynaldo Hahn (1907). Ein Portrait von Lucie Lambert. 

Im Januar 1915, vor genau 100 Jahren, komponierte Reynaldo Hahn (1874 – 1947) drei „Wiegenlieder“ für einen schwer verwundeten Soldaten. Diese köstlichen Miniaturen, voll Esprit und Intimität, liefern ein Beispiel für die intensive und höchst individuelle Auseinandersetzung französischer Musiker mit dem Thema „Krieg“. Hahn selber wurde eingezogen und musste an die Front, wo er trotz eines martialischen Alltag Zeit und Muse gefunden hat, eine umfangreiche Walzer-Suite mit dem Titel „Le ruban dénoué“ (Das entknotete Band) zu komponieren. Ein erstaunlicher Zyklus, der von den Wirren und dem Leid des Krieges allerdings keine Spur aufweist. Die Musik pendelt zwischen verträumt-sentimentalen und verführerisch-schwärmerischen Tänzen, die eher einen Gegenentwurf als eine Schilderung der damaligen Realität präsentieren. Reynaldo Hahn, wenn überhaupt eher als Lied- und Chansonkomponist bekannt, entwickelte eine äusserst raffinierte und eigenwillige pianistische Schreibweise, die nur scheinbar einfach und selbstverständlich klingt, dabei aber im Detail (für den Spieler) unvorhersehbar und teilweise auch rätselhaft bleibt.

Dagegen fühlen sich die im Stil viel avantgardistischeren Debussy-Preziosen eher geradlinig an. Das enigmatische Triptychon „En blanc et noir“, ein „Kriegsstück“ par excellence, ist ein komplexes Werk, gespickt mit zahllosen gedanklichen und begrifflichen Elementen in Form von (musikalischen) Zitaten, verbalen Mottos, widersprüchlichen Spielanweisungen, schriftlichen Begleiterklärungen etc etc. Der kulturell-politische Hintergrund dieses Werks ist die Kampfansage Debussys an „das Deutsche“ im Allgemeinen, und insbesondere an Richard Wagner als dessen künstlerischer Hauptvertreter. (Mehr zu diesem Thema findet sich als eine PDF Datei in der Abhandlung „Zurück vom Ring!“ am Ende dieses Beitrags)

Die jeglicher Realität fernen „Six Épigraphes antiques“ gehen in ihrer Ungebundenheit an tradierter Musiksprache noch einen Schritt weiter und schaffen eine eigentümliche Mixtur zwischen Deskription und Abstraktion.

Ein Blick auf die genauen Satzangaben und angehängten Texte (s.u.) öffnet den Einblick in einen Raum voller Poesie, die der ohnehin bereits sinnlichen Klangwelt einen zusätzlichen Inspirationsschub und Phantasiereiz verleiht.

Diese CD erschien am 14.8.2015.